„… und wer war nun Nikolaus Lenau?“

Dass das diesjährige Lenau-Licht diesen Untertitel trägt ermutigt mich zu einem Bekenntnis.

Als an mich die Frage herangetragen wurde, ob ein Nikolaus Lenau-open air event in Neu-Ehrenfeld, für das ein Chor gesucht wird, etwas für die Cappella vocale St. Aposteln wäre, war meine Neugier geweckt.

Open air statt Romanische Basilika, weltliche Chorliteratur statt lateinischer Motetten – warum nicht?!

Allerdings: Wer ist denn Nikolaus Lenau?

Ein Dichter des 19. Jahrhunderts. So weit, so gut. Aber springen einem unmittelbar Gedichtzeilen ins Gedächtnis? So wie bei Heine oder Eichendorff? Leider Fehlanzeige. Meine Beschäftigung mit Lenau nahm denn auch zunächst den Umweg über die Musik. Und siehe da: Fanny Hensel, Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Richard Strauss und viele mehr; etliche Vertonungen, aus der die Qual der Wahl zu treffen war. Und hier nun auch immerhin Titel, die man als Chorleiter durchaus kennt, wie z. B. „Schilflieder“.

Es bleibt dabei aber ein großes Fragezeichen: Wie kommt es, dass ein Dichter, der im 19. Jahrhundert ungeheure Popularität genoss, heute fast gänzlich dem kollektiven Vergessen anheimgefallen ist? War er als „Dichter des Weltschmerzes“, dessen Pessimismus selbst dem Zeitgenossen Felix Mendelssohn Bartholdy bei der Vertonung zu viel geworden zu scheint (dazu mehr am 11. Oktober), zu negativ für die folgenden Generationen?

Oder aber haben nicht gerade seine biographisch begründete Desillusionierung über den „american dream“, seine Materialismuskritik, sein Blick auf benachteiligte Minderheiten uns gerade heute wieder etwas zu sagen?

Froh und dankbar bin ich, dass wir für das Lenau-Licht nicht nur Werke der deutschen Chorromantik erarbeiten konnten, sondern dass sich Reiner Schuhenn (ehem. Rektor der Hochschule für Musik und Tanz Köln) von der „Bitte“ Lenaus zu einer eigens für uns und das Lenau-Forum entstandenen Komposition hat inspirieren lassen. Lenau klingt nach, Lenau klingt neu.

Zusammen mit der Cappella vocale freue ich mich auf einen Abend der (Wieder)Entdeckungen!

Meik Impekoven
Kantor der Basilika St. Aposteln